Meine Rache an der Wolle

von | 24. Juli 2020

Manchmal verstehen meine Menschen mich einfach nicht. Oder sie wollen mich nicht verstehen. Oder sie meinen, mal wieder an mir herumerziehen zu müssen.

Ist doch klar, was dann passiert. Ich reagiere dann halt einfach in der mir möglichen Art. Das heißt, ich räche ich mich irgendwie. Aber ich glaube, ich bin jetzt doch ein ganz klein wenig zu weit gegangen. Lass mich mal erzählen.

Abends sitzen wir immer gemeinsam im Wohnzimmer. Beziehungsweise meine Menschen sitzen und ich liege auf meiner Decke. Oft schauen wir zusammen fern. Besonders liebe ich diese Hundesendungen. Da passe ich immer ganz doll auf. Oder wir hören Musik und meine Menschen reden miteinander. Ich höre dann immer zu oder schlafe einfach und genieße das Zusammensein mit meinem Rudel. Veit bürstet abends meistens mein Fell und krault mich. Petra setzt sich ganz oft zu mir auf den Boden und streichelt oder massiert mich. Das Bürsten und die Massagen tun ja sooo gut. Davon kann ich gar nicht genug bekommen.

Vor kurzem hat Petra ein altes Hobby wiederentdeckt: Sie häkelt jede Menge Topflappen und sie strickt. Gerade hat sie angefangen, einen Pullover zu stricken. Richtig! Das heißt, sie hat am Abend weniger Zeit für mich. Das finde ich richtig schade und ziemlich blöd. Um ihr das zu zeigen stelle ich mich mit meinen Vorderpfoten auf die Couch. Ich will Petra damit sagen, dass sie sich gefälligst um mich kümmern soll. Aber was macht sie dann? Sie schickt mich einfach auf meine Decke, gegenüber der Couch. Von da aus kann ich ihr dann zusehen, wie sie weiter strickt. Das ist noch blöder.

Nun ein kleiner Schlenker: Bis vor einer Woche habe ich nachts immer in meinem geschlossenen (Kinder-)Laufstall geschlafen. Meine Menschen nennen das Ding immer liebevoll „Kinderknast“. Vor einer Woche haben die beiden am Abend, beim Schlafengehen, die Tür aufgelassen. Ich hörte sie besprechen, dass ich ja, da ich tagsüber auch oft mal frei allein bleibe, das wohl auch nachts könne.

So weit so gut. Petra lässt ihr Strickzeug am Abend meistens auf der Couch liegen. An einem Morgen musste ich mal wieder (wie immer!) auf die beiden warten. Sie sind selber schuld, ich darf ja nicht nach oben in den Schlafbereich gehen, wenn ich wach bin. Ich möchte meine Menschen ja so gerne wecken. Einmal habe ich es gewagt. Das kam nicht so gut an (mehr dazu kannst du hier lesen). Also heißt das für mich: Warten! Da fiel mir das Strickzeug auf der Couch auf. Ha! Meine Chance!

Ich bin also hin zur Couch. Auf die Couch drauf. Obwohl das strikt verboten ist – aber egal, das musste jetzt einfach sein. Und da lag es – verführerisch. Das Strickzeug. Ich wusste, dass ich Ärger bekommen würde. Aber irgendwie musste ich Petra doch zeigen, dass ich sie vermisse und sie sich gefälligst mehr um mich, als um dieses blöde Handarbeiterei kümmern soll!

Was soll ich sagen? Ich habe die langen großen Holz-Stricknadeln aus der Strickarbeit gezogen. Eine der Nadeln habe ich komplett zerlegt und teilweise gefressen. Denn ohne Nadeln kann sie ja nicht stricken! Haha – eine Genugtuung für mich! Aber das war mir nicht genug. Ich habe auch noch versucht, die Wolle zu fressen. Leider kam gerade in dem Moment mein Herrchen Veit herunter. Er war gar nicht begeistert.

Veit ist ja immer sehr lieb zu mir. Aber da war er es nicht mehr. Jetzt war er doch ziemlich sauer. Vor allem sagte er mir, dass ich ziemlich doof sei. Frauchen würde das doch sofort merken und richtig wütend werden.

Das habe ich wohl oder übel einsehen müssen. So habe ich mich ganz schnell auf meine Decke im Wohnzimmer verkrümelt. Aber dann dachte ich mir, dass es noch besser wirkt, wenn ich mich auf den Rücken neben die Decke lege. Wenn wir Hunde uns so auf den Rücken legen, unterwerfen wir uns komplett unserem Gegenüber. Das wirkt beschwichtigend.

Tatsächlich hatte ich doch ein wenig Schiss vor Frauchen. Sie ist ja mein Boss, sagt Herrchen Veit immer. Irgendwie hat das aber nicht so ganz funktioniert. Ich konnte nicht lange so liegen, sondern bin dann doch direkt zu ihr hingerannt. Erst einmal habe ich zur Ablenkung noch viel mehr Freude gezeigt als sonst, wenn sie mich morgens begrüßt. Ich hoffte sehr, sie ablenken zu können. Nun, leider hat Veit ihr gleich erzählt, was ich getan hab.

Sie sah den Nadelschrott und ihre Wolle. Erstaunlich. Ich konnte zwar ihren Ärger spüren, aber sie war gar nicht wütend. Sie war eher traurig. Ich musste mich hinlegen und sie hat mich mit dem Zeugs fotografiert. Sie wollte die Fotos für meinen Blog haben. Sie sagte, ich sei selber schuld, denn ab sofort wird mein Kinderknast nachts wieder zu sein. Das finde ich übriges gar nicht schlimm. Ich liebe meinen Laufstall. Das ist mein Bett, meine Zuflucht. Immer wenn ich mich zurückziehen will, lege ich mich dort hin. Oder wenn ich irgendeine tolle Beute (z.B. Strickzeug, Putzlappen, Socken, Handtücher …) sichern will, dann auch.

Blöd ist nur: Sie hat die Wolle und die Stricknadeln nachgekauft und strickt stur weiter. Dumm gelaufen für mich. Beim nächsten Mal überlege ich besser, ob es sich lohnt, mich zu rächen. Und wenn doch, dann muss ich mir etwas besseres ausdenken.

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